Introduction
Hong Sang-soo, Republik Korea, 2021o
Youngho versucht, einen Weg zwischen seinem Traum, Schauspieler zu werden, und den Erwartungen seiner Eltern zu finden. Als seine Freundin zum Studieren nach Berlin geht, sieht der junge Mann darin eine Chance für einen Neuanfang.
Hong Sang-Soo ist ein genialer Tüftler, ein grosser Handwerker des Kinos. Der südkoreanische Regisseur stellt Filme her, wie andere Soju trinken oder Zigaretten rauchen, nämlich berauscht und süchtig. Er hört nie auf, dieselbe Geschichte zu erzählen: jene des Lebens, das unbemerkt an uns vorbeizieht. Seine Filme, die von den Dämpfen des Alkohols und des Tabaks umnebelt sind, versuchen, das im Flug zu erfassen. In den letzten Jahren hat der Regisseur durchschnittlich zwei Filme pro Jahr gedreht, wobei er mit sparsamen Mitteln, die an Bedürfnislosigkeit grenzen, auskommt und neben der Regie auch für die Fotografie, den Schnitt und die Musik zeichnet. Der Vorspann von Introduction, einem seiner schönsten Filme, zeugt davon. Darin geht es um einen jungen, leicht verwirrten Mann, der davon träumt, Schauspieler zu werden. An einem Tag geht seine Freundin zum Studium nach Berlin, an einem anderen Tag fährt er ans Meer. Doch einen Film von Hong Sang-Soo kann man so wenig zusammenfassen wie ein Gedicht. Man schweigt besser und lässt die Bilder sprechen. Auf den ersten Blick nüchtern, taumeln sie rauschhaft, vollgepackt mit Worten, die der Welt entgegengeschleudert werden, mit Zooms, die versuchen, eine Gestalt in der Ferne zu erfassen, mit der ewigen Brandung der Wellen. Still jetzt.
Émilien Gür