Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini
Thomas Haemmerli, Schweiz, 2025o
Vom Immigrantensohn zum milliardenschweren Bauunternehmer: Bruno Stefanini hat eine verrückte Biografie hingelegt. Der Film erzählt vom Konflikt Stefaninis mit Armeeabschaffer:innen und Hausbesetzer:innen sowie von seiner Sammelwut, die von Panzern über Kunstwerke bis zu den Unterhosen von Kaiserin Sissi reichte, die Schlösser und Atombunker umfasste. Dieses ganze Gut versank bei seinem Ableben in einem grossen, schimmelnden Durcheinander.
Der Winterthurer Bauunternehmer Bruno Stefanini (1924-2018) brachte es als Sohn eines italienischen Einwanderers mit Geschäftssinn und einer seltsamen Mischung von Geiz und Grosszügigkeit, Kontrollwahn und Jovialität zum umstrittenen Immobilienkönig. Seine rund 280 Liegenschaften liess er grossteils verlottern und vermietete sie dafür billig, sein Vermögen lagerte er in eine Stiftung aus, die seinen unstillbaren Hunger als Sammler von Kunstobjekten und allem (Un)möglichen mit endlosen, nie realisierten Museums-Projekten adeln sollte. Der Zürcher Journalist und Dokumentarist Thomas Haemmerli hat Einblick in die Hinterlassenschaft des erratischen Tycoons in unermesslichen Bunkeranlagen bekommen und rekonstruiert daraus eine Biographie und das Psychogramm eines masslosen Materialisten. Wie man es von Haemmerlis bisherigen Filmen Sieben Mulden und eine Leiche und Die Gentrifizierung bin ich kennt, tut er dies mit nonchalanter Ironie und lässt auf Ton- und Bildebene keine Gelegenheit für eine Pointe aus. Dieses Stilprinzip mündet in einen ungemein kurzweiligen Film mit maliziösen Tupfern. Als Charakterstudie schürft er hingegen nicht sonderlich tief, sein Protagonist bleibt letztlich ein Rätsel. Als Zeugnis des materialistischen Wahns, in und mit dem wir ja alle leben, kann man sich allerdings wenig Eindrücklicheres vorstellen als diesen Blick in die Rumpelkammer eines sagenhaft reichen armen Irren.
Andreas Furler