Die wundersame Verwandlung der Arbeiterklasse in Ausländer

Samir, Schweiz, 2024o

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Die Geschichte der Arbeitsmigration aus Italien und anderen südlichen Ländern in die Schweiz von der Nachkriegszeit bis heute: Mithilfe von Zeitzeug:innen, Archivmaterial, privaten Familienfotos und Animationen erzählt der Zürcher Samir, wie die Schweiz, ihre politischen Kräfte, Gewerkschaften und die Bevölkerung mit dem Dilemma umgingen, dass das Land billige Arbeitskräfte brauchte, deren Kultur aber lange Zeit ablehnte. Dabei bringt der irakisch-schweizerische Regisseur auch Teile seiner eigenen Biographie ein.

Anders, als es der umständliche Titel dieses Films suggeriert, ist es ist im Grunde kein Wunder, sondern simple wirtschaftliche Logik, dass die Arbeiterschaft in der prosperierenden Schweiz des 20. Jahrhunderts zur «Ausländerschaft» wurde. Die besser gebildeten Einheimischen drängten in den wachsenden Dienstleistungssektor, die Lücke füllten Zuwander:innen. Auf einem anderen Blatt allerdings steht der ungastliche Umgang der Schweiz mit ihren «Gastarbeiter:innen». Bei diesem Thema spielt der anfänglich kurzatmige neue Dokumentarfilm des irakisch-stämmigen Zürcher Regisseurs Samir seine Stärken aus. Im Gefolge von Klassikern wie Siamo italiani rollt er primär die Geschichte der italienischen Arbeitsmigrant:innen in die Schweiz seit den 1950er Jahren auf. Mit eindrücklichen Statements und Zeitdokumenten belegt er ihre Ausbeutung als Manövriermasse für Konjunkturschwankungen, ihre rassistisch motivierte Ablehnung durch breite Bevölkerungsschichten und ihre sehr zögerliche Unterstützung durch die Gewerkschaften, die ihre einheimische Klientel vor der ausländischen Konkurrenz schützen wollten. Auch der Umschlag von der Ablehnung der Italianità zu ihrer Umarmung und Integration ab den 1970er Jahren wird prägnant, wenn auch knapper belegt, bis der Film im Schlussteil über die globalisierte Arbeitsmigration zum anfänglichen dokumentarischen Stenographieren zurückkehrt. Dass der Regisseur seine eigene Migrationsgeschichte einflicht, verleiht dem Film eine zusätzliche Dimension, auch wenn die computeranimierten Nachinszenierungen, die dabei zum Einsatz kommen, so aseptisch und plakativ sind, dass sie die anekdotische Veranschaulichung eher schwächen als stärken. Kurz: im Einzelnen diskutabel, im Ganzen ein Augenöffner.

Andreas Furler

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Filmdateno

Originaltitel
La prodigiosa trasformazione della classe operaia in stranieri
Synchrontitel
La transformation merveilleuse de la classe ouvrière en étrangers FR
Genre
Dokumentarfilm
Länge
130 Min.
Originalsprachen
Italienisch, Französisch, Deutsch
Bewertungen
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ØIhre Bewertung6.6/10
IMDB-User:
6.6 (18)
Cinefile-User:
< 3 Stimmen
KritikerInnen:
< 3 Stimmen q

Cast & Crewo

SamirRegie
SamirDrehbuch
Massimo MarianiMusik
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